Chronik

Terroranschlag: Gedenken an Opfer

Heute jährt sich der Anschlag in Wien vom 2. November 2020 zum dritten Mal. Vier Menschen wurden damals getötet und über 20 teils schwer verletzt. Wie in den vergangenen Jahren wurde der Opfer bei einer Kranzniederlegung gedacht.

Rund um jenen Platz hatte ein 20-jähriger Islamist vor drei Jahren das Feuer eröffnet. Wie er dorthin gelangt war, ob er allein gehandelt hatte und wie er seine Pläne vor dem Verfassungsschutz geheim halten konnte, war in den letzten Jahren Inhalt politischer und justizieller Aufarbeitung.

Am Gedenkstein auf dem Desider-Friedmann-Platz gedachten unter anderen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) der vier getöteten Menschen mit einer Kranzniederlegung. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es: „Gedenken heißt, sich all jener zu erinnern, die bei diesem sinnlosen Akt der Gewalt ermordet oder verletzt wurden.“ An der Gedenkveranstaltung nahmen neben Kanzler und Vizekanzler auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), der ÖVP-nominierte Bildungsminister Martin Polaschek, Justizministerin Alma Zadic (Grüne), der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) teil.

Zwei Kränze niedergelegt

Unter den Augen zahlreicher bewaffneter Polizisten und Soldaten wurden zwei Kränze und Kerzen niedergelegt, musikalisch begleitet von der Polizeimusik Wien. „Gedenken heißt, unser tiefstes Mitgefühl den Familien und Angehörigen der Getöteten auszusprechen, die bis heute darunter leiden“, so Kanzler und Vizekanzler. „Denn bei allem Leid, das Terroristen anrichten können, werden sie nie ihr Ziel erreichen. Denn unsere freie, demokratische und liberale Gesellschaft ist stärker als der Terror.“ Gedenken heiße aber auch, daran zu erinnern, „wie die Menschen in diesem Land an diesem Tag zusammengehalten und sich gegenseitig geholfen haben“.

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3. Jahrestag des Terroranschlags in der Wiener Innenstadt – Kranzniederlegung im Gedenken an die Opfer
APA/GEORG HOCHMUTH
Der Anschlag in Wien vom 2. November 2020 jährt sich heute zum dritten Mal
3. Jahrestag des Terroranschlags in der Wiener Innenstadt – Kranzniederlegung im Gedenken an die Opfer
APA/GEORG HOCHMUTH
In Gedenken an die Opfer werden Kränze niedergelegt
Christoph Wiederkehr (NEOS), Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (GrŸne)
APA/Georg Hochmuth
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sowie Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) legen zwei Kränze nieder
Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), Kanzler Nehammer und Vizekanzler Kogler
APA/Georg Hochmuth
3. Jahrestag des Terroranschlags in der Wiener Innenstadt – Kranzniederlegung im Gedenken an die Opfer
APA/GEORG HOCHMUTH
Anwesend sind außerdem Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und ÖVP-Bildungsminister Martin Polaschek

Auch heute sehe man Versuche jener, „die unsere Gesellschaft spalten und Gewalt provozieren wollen (…) Wir sehen jene, die die einen gegen die anderen ausspielen wollen und Hass schüren, um eine aufgeheizte Stimmung zu erzeugen“, betonten Nehammer und Kogler. Insbesondere in sozialen Netzwerken, wo Terrororganisationen und Hassprediger glauben würden, leichtes Spiel zu haben, sei das traurige Realität. „Doch wir werden ihnen keine Chance geben. Österreich hat damals in schwierigsten Stunden zusammengehalten und wird das auch in Zukunft tun“, so Nehammer und Kogler.

Ihr „Mitgefühl“ drückte auch Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) den Opfern und deren Familien in einer Aussendung aus. „Tage wie heute sollten uns bewusster machen, dass wir in Österreich eine Gesellschaft des Miteinanders und des Zusammenhalts sind und Terror, Antisemitismus, Rassismus und vor allem ein Leben in Angst in unserem Land nichts verloren hat“, so die Ministerin.

Wiener Terrorprozess: Zwei Freisprüche, vier Verurteilungen

Anfang Februar 2023 standen sechs Männer nach mehrwöchiger Verhandlung das letzte Mal wegen Beihilfe zum Mord als terroristischer Straftat und weiterer Delikte vor Gericht. Vier von ihnen wurden vom Geschworenengericht schuldig gesprochen und zu 19 und 20 Jahren beziehungsweise zweimal lebenslang verurteilt. Sie sollen den Attentäter in seinem Vorhaben bestärkt haben.

Terroranschlag: Gedenken an Opfer

Am Donnerstag jährt sich der Anschlag in Wien vom 2. November 2020 zum dritten Mal. Vier Menschen wurden damals getötet und über 20 teils schwer verletzt. Wie in den vergangenen Jahren wurde der Opfer bei einer Kranzniederlegung gedacht.

Zwei von ihnen sollen den Waffendeal vermittelt haben. Fünf der sechs Angeklagten könnten sich aber erneut vor Gericht verantworten müssen: Aufgrund von möglichen Fehlern im schriftlichen Urteil und einer möglicherweise irreführenden Rechtsbelehrung muss der Prozess womöglich in Teilen wiederholt werden. Der Kern der Anklage – die Begehung terroristischer Straftaten in Verbindung mit Beteiligung am Mord – sei davon nicht betroffen, betonte Generalanwalt Martin Ulrich Ende September auf APA-Anfrage.

Fehler der Staatsanwaltschaft im Prozess

Fehler passierten aber auch im Vorfeld eines Prozesses, der wenige Monate später stattfand. Jener 32-jährige Slowene, der dem Attentäter eine Pistole sowie ein Sturmgewehr der Marke Zastava verkauft haben soll, fasste im Mai wegen Vergehen nach dem Waffengesetz eine neunmonatige bedingte Haftstrafe für den Verkauf der Pistole aus. Für die Zustellung konnte er aufgrund eines Irrtums der Staatsanwaltschaft hingegen nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Die Anklagebehörde hatte 2021 irrtümlich vorzeitig ein Verfahren eingestellt, in das der Slowene einbezogen worden war.

Zeichnungen vom Terrorprozess (Staatsanwältin)
ORF
Der Terrorprozess wurde von einem Gerichtszeichner begleitet. Zu sehen ist die Staatsanwältin.

Zadic kündigte daraufhin eine dienstrechtliche Prüfung sowie eine Stärkung der internen Fachaufsicht und strukturelle Änderungen in der Staatsanwaltschaft Wien an. Am Dienstag hieß es aus dem Justizministerium gegenüber der APA, dass seitens der Staatsanwaltschaft Wien „umfangreiche präventive Maßnahmen gesetzt wurden, um derartige Fälle in Zukunft zu verhindern und das Qualitätsmanagement weiter zu verbessern“.

Dazu gehörten die „umfassende Sensibilisierung der GruppenleiterInnen zu Fach- und Dienstaufsicht“, die Sensibilisierung der Staatsanwälte und Staatsanwältinnen, der Start einer Projektgruppe, die bestehende Arbeitsvorgänge evaluiert und gegebenenfalls weitere Verbesserungsvorschläge erarbeitet, sowie der „weitere Ausbau von Vernetzungstreffen mit sicherheitsrelevanten Stakeholdern wie etwa der Kriminalpolizei“.

Kontaktmann vor Abschiebung

Vor der Abschiebung steht hingegen ein zentraler Kontaktmann des Attentäters. Der radikalislamische Prediger Argjend G. wurde im Herbst 2022 vom Wiener Landesgericht wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisationen rechtskräftig verurteilt, da er dem Attentäter die IS-Ideologie und das geistige Rüstzeug für sein terroristisches Handeln nahebrachte.

In strafrechtlicher Hinsicht sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zum Terroranschlag abgeschlossen. Es gebe derzeit kein offenes Ermittlungsverfahren gegen etwaige Mittäter oder Mitwisser, teilte Behördensprecherin Nina Bussek mit.

Kritik: Fehlende Unterstützung der Bundesregierung

Kritik erntete die Bundesregierung im Nachhall des Anschlages für fehlende Unterstützung der Opfer. So seien einigen Personen die Kosten für psychotherapeutische Unterstützung nicht vom Staat gedeckt worden und Schmerzensgeldzahlungen für die Betroffenen zu gering ausgefallen. 2021 wurde – ergänzend zu den Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) – ein Terroropferfonds mit rund 3,5 Millionen Euro eingerichtet. Aus diesen finanziellen Mitteln erhalten Betroffene, die gleichartige Zahlungen nach dem VOG erhalten haben, ein zusätzliches Schmerzensgeld nach zivilrechtlichen Grundsätzen ausbezahlt.

Die Auszahlung erfolgt über die Opferhilfsorganisation Weißer Ring. Bisher erhielten 138 Betroffene 374.000 Euro nach dem VOG. 104 Personen bekamen zusätzlich finanzielle Hilfeleistungen aus dem Terroropferfonds. Insgesamt wurden bisher 3,4 Millionen Euro aus dem Fonds ausbezahlt, dieser steht somit unmittelbar vor dem Abschluss.