ABD0068_20231107 – WIEN – …STERREICH: Der neue Bezirksvorsteher Friedrich Nikolaus Ebert (…VP) anl. der Sitzung der Bezirksvertretung Hietzing mit Entscheidung Ÿber Nachfolge von Bezirksvorsteherin Kobald, am Dienstag, 07. November 2023, in Wien. – FOTO: APA/EVA MANHART
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Hietzing: Angelobung von Kritik überschattet

Im Amtshaus in Wien-Hietzing ist am Dienstagabend der neue Bezirksvorsteher Friedrich Nikolaus Ebert gewählt und angelobt worden. Er hatte zuvor eine Mehrheit im türkisen Klub der Bezirksvorstehung hinter sich versammelt – und den Beschluss der Bezirkspartei damit ignoriert.

Diese hatte für Johanna Sperker als Nachfolgerin für die scheidende Bezirksvorsteherin Silke Kobald votiert. Kobald hatte – offenbar für viele überraschend – vor einigen Wochen ihren Rücktritt erklärt. Hietzings ÖVP-Obfrau Johanna Sperker galt als die logische Nachfolgerin.

Der Vorstand der Bezirkspartei hat sie für das Amt auch nominiert. Im ÖVP-Klub wurden aber Unterschriften für Ebert gesammelt, und das offenbar mit Erfolg. In der Fraktion, die über 19 Sitze verfügt, dürfte eine Mehrheit für ihn votiert haben.

36 Jahre in der Politik

Das reicht prinzipiell, denn der stärkste Klub – über diesen verfügt in Hietzing die ÖVP als stimmenstärkste Partei – darf über die Besetzung des Vorsteher-Postens entscheiden. Letztendlich erhielt Ebert am Dienstag 14 von 34 Stimmen. Von wem, ist nicht bekannt, da es sich um eine geheime Wahl gehandelt hat. Der Neo-Bezirkschef wurde von Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) anschließend sogleich angelobt.

Ebert zeigte sich über seine „endlich“ erfolgte Kür erfreut, wobei er auf 36 Jahre Erfahrung, die er in der Kommunalpolitik gesammelt habe, verwies. Er bedankte sich auch bei Johanna Sperker, die nicht nur VP-Obfrau im Bezirk ist, sondern der Fraktion auch weiter als Klubchefin vorsteht. „Ich bin mir sicher, wir werden gut zusammenarbeiten“, ließ er wissen. Er strecke auch allen anderen Fraktionen die Hand entgegen, betonte Ebert in seiner Dankesrede.

Ebert: Vorgängerin wollte Frau

In „Wien heute“ erklärte Ebert, dass einige im Klub sich nicht von seiner Vorgängerin Kobald diktieren lassen wollte, wer nachfolgen soll. „Die Diktion lautete: ‚Es muss eine Frau sein.‘ Das haben nicht alle ganz verstanden.“ Die Landes-ÖVP versuchte zu beruhigen, es sei nicht um die Frage Mann oder Frau gegangen. „Ein Mediationsteam hat verschiedene Gespräche geführt und ist zum Schluss gekommen, dass die Ursachen im Bezirk liegen und schon über mehrere Jahre und Jahrzehnte entwickelt haben“, sagte Generalsekretär Peter Sverak.

Die von der Partei auserwählte, vom Klub aber demontierte Kandidatin verzichtete auf direkte Kritik an dem Geschehen. „Mit Blick auf die aktuelle Situation bleibt mir nur zu sagen, dass es um ein Miteinander geht“, meinte Sperker in einer Wortmeldung. Der Auftrag sei, für die Bürgerinnen und Bürger zu arbeiten. Unmittelbar nach dem Coup hatte sie sich noch beklagt, dass der Konsens, wonach Beschlüsse einzuhalten seien, ignoriert worden sei.

Hietzing: Angelobung von Kritik überschattet

Im Amtshaus in Wien-Hietzing ist am Dienstagabend der neue Bezirksvorsteher Friedrich Nikolaus Ebert gewählt und angelobt worden. Er hatte zuvor eine Mehrheit im türkisen Klub der Bezirksvorstehung hinter sich versammelt – und den Beschluss der Bezirkspartei damit ignoriert.

Angelobung von Kritik überschattet

Häme und Kritik kam von anderen Parteien. Marcel Höckner, der stellvertretende SPÖ-Bezirksvorsteher, warnte davor, dass derartige Aktionen das Vertrauen in die Politik weiter verringern würden. „Wenn der neue Stil so ausschaut, wird es schwierig“, zeigte er sich skeptisch gegenüber einer Zusammenarbeit mit dem neuen Bezirkschef.

„Ich finde es ganz, ganz schlimm, was da passiert ist“, empörte sich der grüne Bezirksrat Christopher Hetfleisch. Die Politikverdrossenheit werde dadurch nur „befeuert“. „Wir sind Zeugen eines unwürdigen Schauspiels“, meinte auch NEOS-Bezirksrätin Katharina Kainz. Die ÖVP sei in diesem Zustand aktuell nicht arbeitsfähig, befand sie.

Der FPÖ-Vertreter im Hietzinger Bezirksparlament, Georg Heinreichsberger, äußerte sich nicht ausführlicher zu den ÖVP-Querelen – und lobte stattdessen Ex-Vorsteherin Kobald. Zu hören bekam diese die Worte aber nicht mehr. Kobald hatte sich nach einer kurzen Rede von der Sitzung verabschiedet, und zwar noch bevor ihr Nachfolger gekürt wurde. Sie hat sich in den vergangenen Tagen dem Vernehmen nach sogar für einen Parteiausschluss Eberts ausgesprochen.

Streit innerhalb der ÖVP

Die Causa Hietzing hat zuletzt für heftigen Streit in der Wiener ÖVP gesorgt. Rückendeckung erhielt Sperker etwa von der Wiener ÖVP-Frauenorganisation, die auch Konsequenzen für jene vier Frauen der ÖVP-Bezirksfraktion, die den „Putsch gegen Johanna Sperker“ unterstützen, ankündigt hatte.

Eine Entscheidung über einen möglichen Ausschluss aus der Teilorganisation dürfte am Dienstag gefallen sein. Die Frauenvorsitzende der Wiener ÖVP, Sabine Keri (vormals Schwarz, Anm.), betonte im Gespräch mit der APA jedoch, dass man diese den Betroffenen direkt kommuniziert habe. An die Öffentlichkeit wolle man damit selbst nicht gehen.