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Mehr Prävention gegen Jugendkriminalität

Raubüberfälle, Diebstähle und Vandalismus: Die Jugendkriminalität in Wien steigt. 2022 wurden über 11.400 jugendliche Straftäter ausgeforscht. Jetzt fordern Experten verstärkte Präventionsmaßnahmen.

Vier Burschen und ein Mädchen versuchen in Rudolfsheim-Fünfhaus in zwei Autos einzubrechen, Vandalen beschädigen ein WC-Häuschen am Badeteich Hirschstetten mit Knallkörpern schwer, ein 17-Jähriger ohne Führerschein nimmt mit seiner 13-jährigen Freundin ein Auto widerrechtlich in Betrieb und verursacht einen Unfall mit zwei Verletzten: Es sind nur einige Beispiele für mehr oder weniger schwere Straftaten, die von Jugendlichen oder Kindern verübt werden.

65 Tatverdächtige für 110 Straftaten

In den vergangenen Monaten konnten Wiener Präventionsbeamte mehrere Jugendbanden zerschlagen, alleine drei davon in Ottakring. Den 65 Tatverdächtigen, viele haben Migrationshintergrund, werden 110 Straftaten zur Last gelegt. Die Bandbreite reicht dabei von Vandalismus über Körperverletzung, Raub, Einbruch bis zu sexuellem Missbrauch von Unmündigen.

Im Oktober klickten für vier Burschen die Handschellen. Laut Polizei hatten sie einen Handy-Shop-Besitzer bedroht und von ihm Schutzgeld verlangt. Dabei verwüsteten sie das Geschäft und setzten es in Brand. Der Kampf gegen Jugendkriminalität hat für die Wiener Polizei in diesem Jahr oberste Priorität. Zur Zeit wird ein umfassendes Konzept erstellt, das demnächst schon präsentiert werden soll.

Nicht Kriminalität, sondern Zahl der Anzeigen wächst

An diesem Konzept arbeitet auch der Verein Neustart mit, der unter anderem in der Kriminalitätsprävention aktiv ist. Dessen Leiter, Nikolaus Tsekas, ortet im „Wien heute“-Gespräch bei der Jugendkriminalität kein neues Phänomen: „Schon seit Generationen ist es immer so, dass es zum Adoleszenzalter dazugehört, dass Jugendliche im Erwachsenwerden Grenzen ausloten und damit auch manchmal Grenzen überschreiten und straffällig werden“.

Laut Tsekas werden Jugendliche nicht brutaler, sondern mehr Taten angezeigt. Es gebe in der Bevölkerung ein erhöhtes Bewusstsein und Vertrauen in die Polizei, aber auch ein großes Bedürfnis nach Sicherheit. Und da zeigt sich laut Tsekas ein interessantes statistisches Phänomen: „Wir haben auf der einen Seite mehr Anzeigen und auf der anderen Seite weniger Verurteilung bei Jugendlichen. Obwohl die Anzahl der Jugendlichen doch in den letzten Jahren auch mit der Zuwanderung in Wien und der erhöhten Bevölkerungsdichte einfach zugenommen hat.“

Prävention statt strenger Strafen

Zum Hintergrund jugendlicher Straftäter sagte Tsekas, es handle sich dabei um Jugendliche, „die wenig Alternativen haben, die vielleicht die Schule nicht abgeschlossen haben, die keinem Beruf nachgehen können (…) ein Stück weit nicht genau zu wissen, was sie machen wollen und da tatsächlich auch manchmal auf dumme Ideen kommen“. Es gehe um Jugendliche aus sogenannten marginalisierten Gruppen, auch das kein neues Phänomen: Überall dort, wo es wenig soziale Teilhabe gebe, sei die Gefahr immer größer, auch straffällig zu werden, so Tsekas.

Dass Jugendlichen, die straffällig geworden sind, eine kriminelle Zukunft bevorstehe, verneinte Tsekas. Die allermeisten Jugendlichen würden es bei einer Tat belassen, die sie begehen. Die Rückfallquote sei mit rund zehn Prozent sehr gering. Man müsse auch sagen, dass es weniger Gewaltdelikte als viel mehr Eigentums- und Drogendelikte seien. Strenge Strafen hielt Tsekas für weniger zielführend. Das verhindere keine Straftaten – wohl aber frühe Prävention sowie die Konfrontation mit Opfern von Straftaten.