Demonstration "Stoppt die Gaslobby
APA/Alex Halada
APA/Alex Halada
Chronik

Gaskonferenz: Massenverfahren eingestellt

Die Staatsanwaltschaft Wien hat das Verfahren gegen 165 Klimaaktivistinnen und -aktivisten wegen des Verdachts der schweren gemeinschaftlichen Gewalt sowie weiterer Vorwürfe im Zuge der Proteste gegen die Europäische Gaskonferenz 2023 in Wien fallen gelassen.

Die Einstellung sei vergangenen Freitag aus Beweisgründen erfolgt, so Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, am Montag gegenüber der APA. Am Morgen des 27. März 2023 hatten sich damals mehr als hundert Personen zu einem spontanen Protestzug in der Wiener Innenstadt formiert. In der Johannesgasse versuchten die Demonstrantinnen und Demonstranten eine polizeiliche Sperrkette zu durchbrechen, um in den Bereich des Platzverbotes rund um das Tagungshotel Marriott auf dem Parkring zu gelangen.

Die Exekutive reagierte darauf mit dem großflächigen Einsatz von Pfefferspray, auch Schlagstöcke wurden verwendet. Die Landespolizeidirektion gab danach bekannt, dass 143 Personen wegen schwerer gemeinschaftlicher Gewalt, Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung angezeigt worden seien. Die Demonstranten hätten „von Beginn an ein gewaltbereites Vorgehen gegen die Einsatzkräfte der Polizei“ gezeigt, hieß es von der Polizei. Dadurch seien zwei Beamte verletzt worden. Bei einigen Festgenommenen seien auch pyrotechnische Gegenstände sichergestellt worden.

Polizisten und Protestierende
APA/Tobias Steinmaurer
Mit Anzügen und Regenschirmen wollten sich die Protestierenden gegen Pfefferspray der Polizei schützen

Anwalt: Keine Menschen gefährdet

„Das waren aber keine Böller, sondern bloß Rauchfackeln, mit denen manchmal bei Demonstrationen oder Besetzungen versucht wird, mehr Aufmerksamkeit zu erregen, also nichts, womit man Menschen gefährden würde“, sagte Rechtsanwalt Clemens Lahner gegenüber der APA. Es seien zudem 150 Menschen eingekesselt und dann einzeln durchsucht worden. „Da wurde kein einziger gefährlicher Gegenstand gefunden. Die Pyrotechnik wurde ja an einem anderen Ort gefunden, außerhalb des Kessels“, sagte Lahner unter Bezug auf den Ermittlungsakt. „Das ist also auch kein Argument dafür, die Menschen im Kessel großflächig zu pfeffern.“

Er zeigte sich erwartungsgemäß erfreut über die Verfahrenseinstellung. „Die Polizei hat schwerste Vorwürfe gegen die Menschen erhoben, die an den Protesten gegen die Europäische Gaskonferenz beteiligt waren. Diese Vorwürfe haben sich als haltlos erwiesen.“

Lahner verwies in diesem Zusammenhang auch auf ein laufendes Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Wien wegen des Pfefferspray-Einsatzes der Polizei. „Die Polizei versucht diesen Pfefferspray-Exzess bisher mit dem Argument zu rechtfertigen, dass von den Demonstrantinnen und Demonstranten gefährliche Angriffe ausgegangen sind. Die Staatsanwaltschaft Wien sieht das aber offenbar anders.“

Gaskonferenz auch heuer wieder in Wien

Der Einsatz der Polizei hatte unter anderem für Kritik von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International gesorgt. Die Polizei habe Demonstrierende eingekesselt, sei „sehr aggressiv“ vorgegangen und habe „unverhältnismäßig Pfefferspray und Schlagstöcke eingesetzt“, hieß es.

Grüne und NEOS brachten daraufhin parlamentarische Anfragen ein. Das Innenministerium verteidigte die Polizeistrategie dagegen und wies die Kritik zurück. Allein während des ersten Tages des dreitägigen Lobbying-Treffens von 27. bis 29. März standen laut Ministerium 1.326 Beamtinnen und Beamte aus Wien und sechs weiteren Bundesländern im Einsatz.

Die Europäische Gaskonferenz gastiert übrigens auch heuer wieder in Wien. Die Tagung findet diesmal von 26. bis 28. März statt. Ein konkreter Austragungsort war auf der Website der Veranstalter noch nicht zu finden.