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Causa Verbindungsbahn vor BVwG

Es ist eines der umstrittensten Bahnprojekte in Wien: der Ausbau der Verbindungsbahn in Hietzing. Für die ÖBB eine Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs, für Bürgerinitiativen Anlass für Beschwerden. Heute beschäftigt sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) damit.

Die Bürgerinitiativen kritisieren, dass das aktuelle Projekt nicht dem Beschluss des Gemeinderats von 2016 entspreche. Und selbst 54 Anträge des Bezirks seit März 2019 hätten die Stadt nicht dazu bewegen können, sich zu den Bedenken zu äußern. Im Details sind die Kritikpunkte der Bürgerinitiativen breit gestreut: Es geht zum Beispiel um Rodungen, unattraktive Verkehrslösungen vor allem für Fußgänger und Radfahrer und eine als „Chinesische Mauer“ bezeichnete Lärmschutztrasse.

Diese Wand soll aus Sicht der Bürgerinitiativen den Bezirk künftig in zwei Teile zerschneiden, da offenbar lokalen Verkehrsströmen unter oder über der Trasse kein hoher Stellenwert eingeräumt werde. Auch sei offensichtlich, dass die Wand nicht für dichtere Takte der S-Bahn gebaut werden soll, sondern wegen des Güterverkehrs. Der Lainzer Tunnel sei auf Wiener Seite nämlich nur einröhrig, was Wartungsarbeiten erschwere. Deswegen werde die Verbindungsbahn verstärkt als Umfahrungsstrecke genützt, so die Kritiker.

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Eisenbahnkreuzungen fallen weg, aber nicht alle profitieren davon

Unattraktiv für Fußgänger und Radfahrer

Um den Autoverkehr weiter fließen zu lassen, setzt man zwischen Wiental und Hietzinger Hauptstraße auf eine umstrittene Hochlage der Bahn mitten im Wohnbezirk. Im weiteren Verlauf der Strecke zwischen Beckgasse und Hofwiesengasse fallen laut Plan die vier Schranken Veitingergasse, Jagdschlossgasse, Versorgungsheimstraße und Speisinger Straße weg. Als Ersatz dient dem Auto- und Radverkehr nur eine einzige Unterführung bei der Versorgungsheimstraße.

An den aufgelassenen Kreuzungen gibt es zudem für Rad- und Fußverkehr laut Bürgerinitiativen nur unattraktive Lösungen mit Treppen und Liften. Dies sei eine massive Verschlechterung für die Wohnbevölkerung und keinesfalls die Umsetzung „der Stadt der kurzen Wege“ wie im STEP 2025 proklamiert. Fällt ein Lift aus, müsse man bis zu 1,1 Kilometer Umweg gehen, um die Bahn barrierefrei zu queren. Und selbst der bahnbegleitende Fuß- und Radweg sei nur teilweise mitgeplant.

ÖBB fühlt sich nur teilweise verantwortlich

Naturgemäß anders sehen die ÖBB das Projekt, dass die S 80 beschleunigen soll. Entlang der West-Ost-Verbindung quer durch die Stadt, von Hütteldorf bis Meidling und den Hauptbahnhof bis in die Seestadt Aspern, soll es mehr Haltestellen geben und der Takt verdichtet werden. Das Warten an Kreuzungen mit der Eisenbahn soll zugunsten ständig verfügbarer Querungen wegfallen und vor allem der Klimaschutz wird von Seiten der ÖBB hervorgehoben.

Die ÖBB berufen sich auf Quellen der Wiener Wirtschaftskammer, demnach sollen „so viele Menschen die Bahn statt dem Auto nutzen, dass 33.840 Tonnen CO2 pro Jahr vermieden werden können“, hieß es gegenüber wien.ORF.at.

Ausbau nötig für geplanten S-Bahn-Ring

Was die Förderung der Mobilität von Fußgängern und Radfahrern betreffe, sei man nicht dafür zuständig, heißt es bei den ÖBB, sondern nur für die Bahntrasse. Die Stadt Wien schweigt beharrlich und verweist auf die ÖBB, obwohl durch eigene Gutachter bestätigt wird, dass der Anteil an motorisierten Verkehr bei der gewählten Variante für Hietzing bei 32 Prozent verharrt – ganz entgegen den Zielen des Klimafahrplans und des Stadtentwicklungsplans „STEP“ 2025, die maximal 20 Prozent vorsehen.

Zur kritisierten „chinesischen Mauer“, der Bahntrasse, sagen die ÖBB, dass diese erstmals seit dem Bestehen der Strecke einen Lärmschutz für Anrainerinnen und Anrainer bedeute. Jeder Zug würde dadurch leiser wirken. Außerdem wird betont, dass der Ausbau nicht nur dem Güterverkehr diene, denn dafür wäre kein Ausbau nötig – der Ausbau sei auch nötig für einen geplanten „S-Bahn-Ring-Wien“.

Bundesverwaltungsgericht am Zug

Die Bürgerinitiativen fordern umfangreiche Nachbesserungen wie eine klimafitte Planung einer Bahnstrecke, die sich in die Stadt einfügt sowie eine zeitgemäße Verkehrs- und Stadtplanung für Wien und Hietzing. Seit acht Jahren würden Anrainerinnen und Anrainer um Gehör ihrer Anliegen und Vorschläge bei den zuständigen Stellen in der Stadt, bei der ÖBB und beim Bundesministerium für Klimaschutz ringen.

Bisher sei man damit aber immer abgeblitzt. Nun werden die zahlreich eingegangenen Beschwerden der Initiativen und Einzelpersonen zum Umweltverträglichkeits (UVP)- und naturschutzrechtlichem Verfahren am Bundesverwaltungsgericht verhandelt.