In der Nacht auf den 1. Mai waren auf den Hauswänden in der Heinestraße in der Leopoldstadt antisemitische Slogans wie „Death to Zionism“ und „Victory to Palestine“ aufgemalt worden. Sobotka und Deutsch übermalten im Beisein des israelischen Botschafters Roet die Parolen an der Fassade eines Geschäfts mit jüdischem Besitzer.
Sobotka verglich dabei die Schmierereien mit dem Jahr 1938. Damals habe es die gleichen Bilder auf den Straßen gegeben. „Das darf in Österreich keinen Platz haben.“ Dazu brauche es eine klare Haltung und nicht nur schöne Worte am Sonntag. Er warne schon seit sechs Jahren vor wachsendem Antisemitismus, betonte Sobotka. Damals habe es aber geheißen, er male den Teufel an die Wand bzw. instrumentalisiere das. Man wisse, dass 30 Prozent der Bevölkerung latent antisemitisch seien, bei acht bis neun Prozent sei das manifest.
Workshops im Parlament von Schulen wenig genutzt
Das Parlament biete Workshops zu dem Thema im Rahmen der Demokratiewerkstatt an, so Sobotka. Schulen würden sich aber teils nicht trauen, aufgrund von Migranten in den Klassen und der Sorge vor Konfrontationen diese Kurse auch abzurufen. „Hier ist auch eine klare Haltung der Lehrerschaft nötig.“ Generell sah Sobotka Antisemitismus auch durch Migration importiert. Dazu komme noch linker oder „Feuilletonantisemitismus“, wie es zuletzt die Antisemitismusforscherin Monika Schwarz-Friesel formuliert habe.
Kritik übte Sobotka auch am Auftritt des deutsch-israelischen Philosophen Omri Boehm auf dem Judenplatz und dessen „ganz kruder Analyse der Apartheidspolitik“. Die Entwicklung der vergangenen Tage betrachtet er mit Sorge: „Wenn wir dem linken Narrativ Raum geben, haben wir das, was die Hamas anrichtet, morgen auch in Europa.“
Auch der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Deutsch, hielt Boehm, der am Dienstag im Rahmen der Wiener Festwochen auf dem Judenplatz die diesjährige „Rede an Europa“ halten wird, für „den falschen Redner am falschen Ort“. Deutsch kritisierte generell die Einladungspolitik der Festwochen: Er frage sich, warum man es den Juden in Wien schwermache und gerade in einer Zeit wie dieser Personen wie etwa den griechischen Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis involviere.
Parallelen zu 1930er Jahren
Die antisemitischen Parolen am Geschäft eines jüdischen Besitzers verglich Deutsch mit dem Slogan „Kauft nicht bei Juden“ in den 1930er Jahren. Das sei damals der Anfang einer Entwicklung gewesen, die schließlich zu sechs Millionen ermordeten Juden geführt habe. Deshalb sei die Übermalung durch offizielle Vertreter des Staates auch ein „wichtiger symbolischer Akt“.
„Während die antisemitischen Graffiti mit Farbe überdecken werden, kann der Fleck des Antisemitismus nicht so einfach weggewischt werden“, betonte Roet. Es könne nicht hingenommen werden, dass Juden mit fadenscheinigen Anschuldigungen gegen Israel belegt und Aufrufe zum Völkermord an Wände gemalt, auf Universitäten oder Straßen in Wien gerufen werden.