Epidemiologe Gerhard Gartlehner
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Coronavirus

Verschärfungen „werden Impfrate steigern“

Epidemiologe Gerald Gartlehner rechnet damit, dass die neuen CoV-Verschärfungen für Wien vor allem bei jüngeren Personen die Impfrate steigern werden. Aufgrund der Delta-Variante sei es außerdem „höchste Zeit“, die Antigentests abzuschaffen.

„Ich halte die neuen Regeln für ganz wichtig, weil sie zwei wesentliche Effekte haben werden: einerseits werden sie die Impfrate steigern, vor allem bei den jüngeren Personen, weil die wollen natürlich in die Nachtklubs gehen. Aber es sind natürlich auch zusätzliche Schutzmaßnahmen, die Personen vor Infektionen schützen“, so Gartlehner im „Wien heute“-Interview.

Die Belegung der Intensivbetten geht in Wien aktuell wieder leicht zurück. Laut dem Epidemiologen sind die strengeren Regeln – FFP2-Maske im Handel, „2-G“ bei größeren Events und in der Nachtgastronomie – dennoch notwendig. „Man muss die Zahlen jetzt noch sehr vorsichtig betrachten“, so Gartlehner.

Im Studio: Gerald Gartlehner

Der Epidemiologe Gerald Gartlehner spricht sich für eine 3 G-Regel für den Arbeitsmarkt aus.

Antigentests als Auslaufmodell

Die neuen Regeln werden die Antigentests zurückdrängen. Für Gartlehner ist das aus epidemiologischer Sicht nicht nur sinnvoll, sondern höchste Zeit: „Die Wohnzimmertests hätten schon lange abgeschafft werden sollen. Wir wissen, dass sie zumindest 50 Prozent der Infektionen übersehen. Und gerade bei der Delta-Variante ist das besonders gefährlich, weil sich die Leute in falscher Sicherheit wiegen.“

„2-G“ in Heimen und Spitälern „wäre wichtig“

Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) forderte am Dienstag von der Bundesregierung eine „3-G-Regel“ am Arbeitsplatz. Gartlehner: „Wir haben in Italien zum Beispiel gesehen, dass ‚3-G‘ am Arbeitsplatz zu einem starken Anstieg der Impfungen geführt hat, weil es einfach unbequem ist, sich ständig testen zu müssen. Man sollte aber auch bedenken, dass wahrscheinlich in manchen Bereichen ‚2-G‘, genesen oder geimpft, noch wichtiger wäre. Vor allem in den Pflegeheimen und in den Spitälern.“

Gartlehner würde auch „2-G“ im Wirtshaus befürworten: „Also in der jetzigen Situation ist mir alles recht, das die Impfrate steigert. Man muss sich natürlich vor Augen halten, dass diese Maßnahmen nur vorübergehend sind, bis wir ein Niveau erreicht haben, wie zum Beispiel Dänemark, wo wir dann im Prinzip alle Maßnahmen wieder zurückfahren können.“

Grafik zu neuen CoV-Regeln in Wien
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Impfkampagne und Antikörperstudie gefordert

Gartlehner gesteht aber ein, dass die angekündigten Maßnahmen dafür wohl noch nicht reichen werden: „Was wir wirklich brauchen würden, wäre eine gut gemachte Impfkampagne, die auf Emotionen abzielt, und die vor allem auch junge Personen und Migrantinnen und Migranten anspricht. Da haben wir große Lücken und die derzeitigen Kampagnen gehen da irgendwie völlig vorbei.“

Neben den Impfungen wäre für Gartlehner eine Antikörpertest-Studie wichtig. „Wir sind leider völlig im Blindflug unterwegs.“ Mit einer solchen Studie wüsste man viel über die Immunität der Bevölkerung und könnte besser vorhersagen, worauf wir uns in den nächsten Wochen einstellen müssen.