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ORF.at/ Roland Winkler
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Politik

Wien Energie: Vertrag mit Bund abgesegnet

Die Wiener Landesregierung hat den Vertrag mit der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) abgesegnet. Dieser besagt, dass der Bund dem Land Wien zwei Milliarden Euro kurzfristig für die Wien Energie zur Verfügung stellt.

Die Magistratsdirektion verwies darauf, dass die OeBFA mit Wien einen Vertrag nur auf Landesebene abschließen könne. „Um ehestmöglich die Finanzmittel für den Ernstfall abrufen zu können, war die Vertragsgenehmigung durch die Landesregierung dringend erforderlich“, hieß es. Vorgegangen wurde darum mittels Umlaufbeschluss. Dieser wurde von den Regierungsparteien SPÖ und NEOS angenommen, hat also eine Mehrheit. Bei der ÖVP stimmt Stadträtin Isabelle Jungnickel zu, die FPÖ stimmte dagegen. Die Grünen haben sich laut Magistratsdirektion noch nicht geäußert.

In einer Aussendung staunten die Grünen über den Umlaufbeschluss und die im Schreiben dazu enthaltene Warnung vor einem Versorgungs-Aus. „Nach wie vor ist nicht aufgeklärt, warum die Unternehmensleitung der Wien Energie und die Wiener Stadtregierung, die beide schon seit Monaten von dem Liquiditätsproblem wissen, die Handelsstrategie des Unternehmens nicht anders gestalteten“, hielt Parteichef Peter Kraus fest.

Ludwig nützte erneut Notkompetenz

In weiterer Folge wurde ein Kreditrahmenvertrag zwischen Stadt und Stadtwerken abgeschlossen. Dieser fällt in den Zuständigkeitsbereich der Gemeinde und nicht des Landes – was bedeutet, dass Michael Ludwig (SPÖ) erneut von der Notkompetenz als Bürgermeister Gebrauch machen konnte. Dies habe er angesichts der Dringlichkeit getan, teilte man mit. In seiner Funktion als Landeshauptmann hätte Ludwig diese Notkompetenz in der Form nicht.

Der Vertrag ermögliche im Bedarfsfall die Überweisung der Bundesmittel zur Liquiditätssicherung an die Wien Energie. Bis dato wurde der vom Bund eingeräumte Finanzrahmen aber nicht in Anspruch genommen, hieß es.

„Erhebliche Schwankungen“ bei Handelspreisen

Im Umlaufbeschluss wird auf die derzeit „erheblichen Schwankungen“ hingewiesen, denen die Handelspreise für Strom und Erdgas unterliegen würden. Zuletzt seien, so wird betont, bereits hinterlegte Sicherheiten wieder freigeworden. Man gibt aber zu bedenken, dass erneut erhebliche Preissteigerungen eintreten könnten, „die die Hinterlegung zusätzlicher Sicherheiten in beträchtlicher Höhe an den Energiebörsen erforderlich machen“.

„Würde die Wien Energie GmbH einer Aufforderung zur Hinterlegung von Sicherheiten nicht rechtzeitig nachkommen, hätte dies eine Glattstellung zufolge und es würden sämtliche bestehende Terminkontrakte aufgelöst werden. Da in einem solchen Fall die Wien Energie GmbH ihren bestehenden Lieferverbindlichkeiten nicht mehr nachkommen könnte, wäre die Versorgungssicherheit der Kundinnen und Kunden der Wien Energie nicht mehr gewährleistet. Darüber hinaus hätte ein solcher Umstand massive Auswirkungen auf die gesamte Energieversorgung Österreichs“, wird gewarnt.

Kreditlinie bis April 2023

In dem der APA vorliegenden Vertrag zwischen Bund und Wien wird festgelegt, dass die Kreditlinie innerhalb von zwei Stunde abrufbar ist. Die Stadt wird auch verpflichtet, dem Bund Bericht über die Sicherstellung der Energieversorgung durch die Wien Energie zu erstatten. Schon bis 15. September muss Wien dem Bund klarlegen, aus welchen Gründen es zu einer „angespannten Liquiditätssituation“ gekommen ist.

Der Vertrag läuft bis April 2023. So lange wird auch ein Vertreter des Bundes in das Aufsichtsgremium der Wien Energie entsendet. Rückflüsse müssen „umgehend“ an die Bundesfinanzierungsagentur zurückgezahlt werden, wurde festgelegt. Wien verpflichtet sich zudem, dass die Gehälter der Mitarbeiter des Unternehmens nicht unangemessen im Vergleich zu jenen der Gemeindeverwaltung ausfallen. Auch für Prämien oder Gewinnausschüttungen gibt es strenge Regeln. Es dürften dafür keinesfalls die bereitgestellten Mittel herangezogen werden, wird betont.

Ludwig: „Versorgungssicherheit gewährleistet“

Bürgermeister Ludwig beteuerte im Ö1-Morgenjournal einmal mehr: „Die Versorgungssicherheit war und ist immer gewährleistet. Wir wollten mit dem Wiener Schutzschirm sicherstellen, dass die Wien-Energie den Handel an der Börse entsprechend unterfüttern soll.“ Auch er versicherte: Man brauche die Mittel, die nun zur Verfügung stünden nun nicht, aber es sei nötig gewesen einen Rahmen festzulegen. „Bis jetzt haben wir keinen Euro Steuergeld benötigt.“

Der Koalitionspartner, die NEOS, seien informiert gewesen, sagte er. Und: Man habe schon im März darauf hingewiesen, dass Österreich ein Schutzschirm brauche, wie es ihn in anderen Ländern gebe. Aus dem Handel zu gehen, hätte bedeutet, dass man die Versorgungssicherheit aufs Spiel gesetzt hätte. Er habe Vertrauen, dass die Wien Energie die richtigen Maßnahmen getroffen habe.

FPÖ präsentierte Anzeige gegen Ludwig

Politisch gingen die Wogen in der Causa am Donnerstag weiter hoch. Die Wiener Freiheitlichen präsentierten etwa eine Anzeige gegen Bürgermeister Ludwig wegen Amtsmissbrauchs. Die SPÖ warf der ÖVP währenddessen unter anderem „Meuchelpropaganda“ vor.

Boltz kritisiert Risiko-Management der Wien Energie

Der ehemalige Chef der Regulierungsbehörde E-Control, Walter Boltz, hat die hinter den finanziellen Turbulenzen der Wien Energie stehenden Geschäfte in der „ZIB 2“ am Mittwoch auf mangelhaftes Risiko-Management zurückgeführt. Die Wien Energie habe „ihr Risiko nicht im Griff“ und „offensichtlich zu große Volumina gehandelt“. Für die Aufklärung einiger „Ungereimtheiten“ bedürfe es aber noch einer „detaillierten Analyse“.

Ehemaliger E-Control-Vorstand zu Wien Energie

Der Bund gewährt der Stadt Wien einen Kreditrahmen in der Höhe von zwei Milliarden Euro für die Wien Energie. Es bleiben aber viele offene Fragen zu diversen Geschäften des Unternehmens. Der ehemalige Vorstand der E-Control, Walter Boltz, ist zur Causa Wien Energie im „ZIB 2“-Studio.

Grundsätzlich sei die Art der Geschäfte, die die Wien Energie an der Börse macht, in der Branche üblich. Zu hinterfragen ist Boltz zufolge aber, ob die Geschäfte tatsächlich in ihrem Ausmaß notwendig waren. Unklar sei vor allem, warum der Energieversorger nicht rechtzeitig seine Volumina an der Börse Zug um Zug zurückgefahren habe. Als die Strompreise gestiegen sind, seien massive Nachzahlungen an Sicherheiten absehbar gewesen. In der „Tiroler Tageszeitung“ (Mittwochausgabe) bezeichnete Boltz das Risiko-Management des Energieversorgers als „entweder total unfähig“ oder dass „keiner im Aufsichtsrat ihnen zugehört“ habe.